Vereine im Vorfeld politischer Parteien
von Dr. Gerhard Jöchl
Als gelernter Österreicher wissen Sie um die Bedeutung politischer Parteien. Ein früherer Bundeskanzler hat dazu einmal gemeint: „Ohne die Partei sind wir nichts“. Auch wenn sich die Zeiten geändert haben: Besonders vorsichtige Menschen sollen angeblich über mehrere Parteimitgliedschaften verfügen.
Empirische Untersuchungen dazu sind mir allerdings unbekannt – als Belegstelle kann ich nur Qualtingers Herrn Karl zitieren – dieser verfügte über alle relevanten Parteibücher. So alt wie die Parteien sind auch die Fragen, die sich im Zusammenhang mit ihrer Finanzierung stellen:
Während man früher eher brachiale Lösungen bevorzugte, etwa im mittelalterlichen Italien bei den Auseinandersetzungen zwischen den Ghibellinen, den Parteigängern des Kaisers, und den Guelfen, den Papsttreuen, wo einfach die aktuelle Regierung die Anhänger der anderen Partei der Stadt verwies und deren Vermögen konfiszierte. Heute muss man nach gefinkelten Methoden suchen, denn eines ist gleichgeblieben: Ohne Geld keine Musik.
Zu warnen ist vor Finanzierungsmethoden, die sich augenscheinlich nicht bewährt haben, etwa:
· Die Sporttasche gefüllt mit 500 Euroscheinen;
· Die Scheinrechnung mit weitaus überhöhtem Honorar und Kick-back-Zahlung;
· Der Verkauf von Seen und Latifundien durch Entscheidungsträger von Gebietskörperschaften zu überhöhtem Preis und, ja sie erraten es, wieder mit Kick-back-Zahlungen;
· Generell die Anzapfung öffentlicher Geldquellen und deren wundersame Verwandlung in Privat- beziehungsweise Parteieigentum.
Bei diesen Varianten besteht die Gefahr, sich unangenehmen Fragen der Strafgerichte stellen zu müssen, die, wenn alles schief geht, zu strafgerichtlichen Verurteilungen führen können.
Verbotene Parteienfinanzierung gibt es im Strafrecht nicht
Daher suchen Sie nach anderen, legalen Wegen, um ihre Lieblingspartei mit der nötigen finanziellen Potenz auszustatten. Dabei erinnern Sie sich, den Medien entnommen zu haben, dass es im Umfeld der politischen Parteien eine nicht unerhebliche Zahl von Vereinen geben soll, die die jeweilige Lieblingspartei direkt oder indirekt unterstützen. Vorsichtig wie Sie sind, holen sie strafrechtliche Expertise ein und lernen, dass ein Straftatbestand „verbotene Parteienfinanzierung“ dem aktuellen österreichischen Strafrecht (zumindest derzeit noch) fremd ist.
Waren also die Diskussionen im letzten Wahlkampf betreffend „Parteienfinanzierung“ nur heiße Luft? Nicht ganz. Interessanterweise erwähnt unsere „schöne Bundesverfassung“ (frei nach Bundespräsident Alexander van der Bellen) Parteien nicht einmal in einem Nebensatz.
Hans Kelsen, der Schöpfer dieser Bundesverfassung, erklärte dies 1967 rückblickend so: „Die Bundesverfassung 1920 habe die Parteien als selbstverständlich vorgefunden und daher eine explizite Regelung unterlassen.“
Dies blieb im Wesentlichen so bis zum Parteien-Gesetz 2012, das schon damals im Zuge eines „Transparenzpakets“ in Kraft trat (das Vorgängergesetz enthielt nur dürftige Bestimmungen über Gründung politischer Parteien, ihre Finanzierung und rudimentäre Rechenschaftspflichten).
Zum Parteien-Gesetz 2012 siehe auch:
Zitat § 1 Abs 1 desselben (Verfassungsbestimmung)
§ 1 Abs 2 Definition von Parteien
§ 1 Abs 3 Gründungsfreiheit
§ 1 Abs 4 Hinterlegung von Satzungen beim Innenministerium, Rechtspersönlichkeit
Im Vereinsgesetz werden sie das Stichwort „politische Partei“ vergeblich suchen. Da Vereine zu jedem erlaubten Zweck gegründet werden dürfen – dieses Wissen haben Sie dem Standardwerk zum Vereinsrecht der heute anwesenden Autoren entnommen – gründen Sie flugs einen Verein zur Unterstützung ihrer Lieblingspartei. Solche „Unterstützungsvereine“ (häufiger Name: Verein Freunde des/der…) sind rechtlich zulässig – Sie haben vermeintlich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen:
a) Ihre Lieblingspartei kommt in den Genuss einer Unterstützung
b) Auf ideelle Vereine ist das Parteiengesetz nicht anwendbar; man tut Gutes für die Lieblingspartei und entgeht lästigen Rechenschaftsberichten und anderen Vorschriften des Parteiengesetzes. Ob Gemeinnützigkeit vorliegt, ist eine andere Frage, die Wirtschaftstreuhänder beschäftigt, in unserem Fall von Andreas Lummerstorfer.
Was genau sind „nahestehende Organisationen“?
Aber geht das alles so einfach? Durch die Judikatur geklärt ist Folgendes: Rechenschaftspflichtig nach dem Parteien-Gesetz ist die politische Gesamtpartei im Außenverhältnis (VwGH Ro 2017/03/0002) – gleichgültig wie die Organisation im Innenverhältnis beschaffen ist. „Nahestehende Organisationen“ können zwar zu richtigen und vollständigen Auskünften aufgefordert werden und, wenn sie unrichtige oder unvollständige Auskünfte erteilen mit Geldbußen bis zu Euro 100.000,– (!) belegt werden, aber die nahestehenden Organisationen sind nach der Legaldefinition des § 2 Z 3 Parteien-Gesetz äußerst überschaubar.
Das vorhin Gesagte ist also zu relativieren: Die Statuten Ihres Unterstützungsvereins dürfen nicht so beschaffen sein, dass aus ihnen eine klare Unterstützung ihrer Lieblingspartei ableitbar ist, schon gar nicht darf Ihr Verein Organe in die politische Partei entsenden. Ist dies aber nicht der Fall und unterstützen Sie im Rahmen ihrer allgemein gehaltenen Vereinszwecke ihre Partei, wird nach derzeitigem Stand kaum das Parteien-Gesetz auf ihren Verein anwendbar sein. Das heißt allerdings nicht, dass die politische Partei allfällige Spenden etc. in ihrem Rechenschaftsbericht nicht ausweisen müsste.
Erstatten Sie gar keine Rechenschaftsberichte…
Da ehrenamtliche/unentgeltliche Mitarbeit in Vereinen, aber auch in Parteien zulässig ist, werden Nachweise wohl nur bei entsprechend institutionalisierter/vertraglich vereinbarter Zusammenarbeit zu erbringen sein.
Der größte Mangel des Parteiengesetzes bestand bis vor kurzem aber darin, dass die Nichtübermittlung des Rechenschaftsberichts nicht sanktioniert war, sondern nur die Erstattung unrichtiger/unvollständiger Berichte.
Ein zynischer Rat an politische Parteien wäre daher: Erstatten Sie gar keine Rechenschaftsberichte! Sie können nicht bestraft werden! Im „freien Spiel der Kräfte“ hat der Nationalrat nunmehr eine Art Sanktion beschlossen: Mit BGBl 55/2019 wurde das Parteien-Gesetz dahingehend novelliert, dass bei Nichtübermittlung des Rechenschaftsberichts die Parteienförderung bis zur tatsächlichen Übermittlung desselben einbehalten wird. Da die Parteienförderung in Österreich relativ hoch ist, ist diese Bestimmung sicher nicht wirkungslos.
Mein kurzer Text konnte nur einige Schlaglichter auf ein viel diskutiertes Thema werfen. Wie Transparenz durch die neue Bundesregierung umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Dass Vereine als Vorfeld – und Finanzierungsorganisationen politischer Parteien, bedingt durch den politischen Klimawandel aussterben werden, steht nicht zu befürchten, ebenso wenig, dass ihre politische Lieblingspartei nicht Mittel und Wege findet, ihren Finanzhunger zu stillen.
Zwischenzeitige Fastenkuren sind allerdings nicht ausgeschlossen.
Das Recht der Vereine, 6. Auflage
Verlag Nexis Lexis
Autoren: Thomas Höhne, Gerhard Jöchl, Andreas Lummerstorfer
980 Seiten
176 Euro