RLB Oberösterreich setzt weiter auf Beteiligungen
von Reinhard Göweil
Der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich stellte sich am 24. Juni 2019 recht gelassen den Fragen der Journalisten im Klub der Wirtschaftspublizisten. Denn am selben Tag bezahlte seine wichtigste Beteiligung, die Raiffeisen Bank International, 30 Millionen Euro Dividende an den 9,5-Prozent-Aktionär RLB Oberösterreich. Am 11. Juli erhält Heinz Schaller bzw. sein Unternehmen von der – dem Herzen vielleicht sogar näher stehende Beteiligung an der voestalpine – für knapp 15 Prozent Anteil – weitere 28 Millionen Euro Dividende. Dazu kommen Dividenden an der 16-Prozent-Beteiligung am Alu-Konzern AMAG und vielen anderen Beteiligungen, die keine Bank sind.
All cash in. Kein kleiner Anteil am Gewinn einer Bank, die als Bank 200 Millionen Euro verdient, aber als Konzern 370 Millionen.
Als wesentlicher Player im wichtigsten Wirtschafts-Bundesland Oberösterreich stehen der dazugehörigen Raiffeisen Landesbank die Türen für solche sogenannte „Nicht-Banken-Beteiligungen“ offen. „Fehlende Nachfolge-Regelungen für Klein- und Mittelbetriebe sowie die sehr starke start-up-Szene bringen sehr viele Anfragen an uns“, sagte Heinz Schaller, seit 2012 Vorstandsvorsitzender der RLB Oberösterreich – und Nachfolger des generell umtriebigen Ludwig Scharinger, der im Jänner 2019 verstarb.
Und die RLB Oberösterreich geht über bank-eigene Investmentvehikel wie eine Invest GmbH. und eine klassische Mittelstandsfinanzierungs-Gesellschaft ständig weitere Beteiligungen ein. Zuletzt wurde mehrheitlich die in Wels sitzende Bilfinger Gerätetechnik GmbH. erworben, eine Beteiligung an einer Glasfaser-Firma sowie 26 Prozent an Syn Trac. Das in Bad Goisern sitzende Unternehmen stellt Nutzfahrzeuge her, das sowohl als Kleintraktor als auch als Unimog, Mähwerk oder Schneefräse einsetzbar ist. Für Firmengründer Stefan Putz ist die Beteiligung der RLB Oberösterreich ein Segen, es öffnet den Weg für weitere Finanzierungen – und Investitionen ins Unternehmen.
Was für die Region ein Segen sein mag, ist es für die Aufsicht noch lange nicht. Denn die Beteiligungs-Politik, vor allem von regionalen Bankinstituten, in Österreich ist die Folge eines inexistenten Kapitalmarktes, der bereit ist, solche Unternehmen abzusichern. Die Banken reden von „Risiko“ dabei, wirtschaftlich betrachtet sind es Chancen.
Gesetzliches Regulativ „Basel IV“ – Gut gemeint ist das Gegenteil von gut?
Und nun will die europäische Bankenaufsicht das Bankgeschäft vom Kapitalmarkt weitgehend trennen. Also ist das Regelwerk „Basel IV“ am Weg. Wann es kommt, steht in den Sternen, dafür streiten alle globalen Beteiligten zu stark. Aber die Eckpunkte sind klar: Banken müssen demnach Beteiligungen, die nicht zum Finanz-Kerngeschäft gehören, statt wie bisher mit acht Prozent mit dem zweieinhalbfachen, also 20 Prozent Kapital unterlegen. Einfach ausgedrückt: Jeder Euro, den die RLB OÖ. in SynTrac investiert, müsste dann in der Bank-Bilanz mit 20 Cent eigenem Kapital unterlegt werden. Um es simpel auszudrücken: Es ist so, als wenn die Bank einen Kredit um 100.000 Euro vergibt und dafür selbst 20.000 Euro als Sicherheit hinterlegen müsste. Richtig, dann wird der Kredit sinnlos, weil viel zu teuer.
In der Größenordnung der RLB Oberösterreich geht es um Hunderte Millionen. „Wir haben eine Eigenkapitalquote von 15 Prozent, sie würde um einige Prozentpunkte sinken“, sagte Schaller. Bei der RLB Oberösterreich würden zwei Prozent minus eine Milliarde Euro zusätzlichen Kapitalbedarf bedeuten. „Wir werden alles tun um zu verhindern, dass es dazu kommt“, sagte Schaller im Klub der Wirtschaftspublizisten.
Denn die RLB Oberösterreich hat das Kapital nicht, sie hat zwei Möglichkeiten: Entweder Beteiligungen verkaufen oder das Kreditgeschäft kräftig reduzieren. Das ist Wahl zwischen Pest und Cholera. „Nach einer Studie des (industrienahen, Anm.d. Red.) Forschungsinstituts IWI, das von der Industriellenvereinigung beauftragt wurde, würde – sagt Schaller – Basel IV in Österreich 84.300 Arbeitsplätze und einen Produktionswert von fast 20 Milliarden Euro bedrohen.
Von wem kommt das Kapital? Kuriose Frage in einem reichen Land wie Österreich.
Es gibt wenige „Holdings“, die sich in Österreich dafür einsetzen, Unternehmens-Mittelpunkte in Österreich zu halten. Da gibt es Stiftungen wie die aus der Bank Austria entstandene B&C (AMAG, Lenzing, Semperit, Vamed, Frequentis), die staatliche ÖBAG (OMV, Telekom Austria, Post AG, BIG, Verbund, Casinos Austria), die Raiffeisen Holding NÖ-Wien (RBI, Agrana, Leipnik-Lundenburger, Strabag, NÖM, Kurier).
Und eben die RLB Oberösterreich. Sie ist größter Aktionär der voestalpine AG, hält 16 Prozent an der Amag, ist an der Energie AG Oberösterreich beteiligt, an Efko, an der Vivatis Holding (die unter anderem den Rathauskeller und das Cafe Schwarzenberg in Wien betreibt sowie größter Caterer für Wiener Schulen ist) und zu der Lebensmittel-Marken wie Maresi, KnabberNossi, Himmeltau, Toni Kaiser, Inzersdorfer gehören.
Hinter diesen Marken stehen Unternehmenszentralen, die ihren Sitz in Österreich haben., und nach dem Willen vieler – nicht nur von Heinz Schaller – auch in Österreich halten sollen. Dazu gehört wesentlich die Eigentümerschaft.
Was die europäischen Aufsichtsbehörden vermeiden wollen sind finanziellen Risken, die daraus entstehen können und die Bank in ihrem Kerngeschäft bedrohen. Das ist ein legitimer Ansatz.
Aus österreichischer Sicht (aber nicht nur in der EU) wäre es wohl klug, nicht nur eine – wie bisher vorgesehen – vierjährige Übergangsfrist vorzusehen. 15 Jahre schiene ein realistischer Zeitrahmen zu sein, denn es gilt hier Systeme zu ändern.
Und wenn die kommende EU-Kommission klug ist, wird sie das Regelwerk so in die EU-Staaten implementieren. Und die ebenfalls dabei vorgesehenen Verschärfungen bei Risikokapital für Banken (400 Prozent Unterlegung) noch verschärfen.
Denn Unternehmen vor der Pleite zu retten, oder ganz zu Beginn eines start-ups mit Bank-Kapital einzusteigen, kann nicht Aufgabe der Banken sein. Vielleicht sind sie zu Beginn Makler für Makler, die dies es Risikokapital sammeln. Aber am Ende der Nahrungskette steht auch in Österreich ein entwickelter Kapitalmarkt, der ohnehin schon von vielen öffentlichen Förderinstrumenten unterstützt wird. Dazu braucht es eine Steuer-Reform, aber keine Banken…
Und zur Steuer-Reform braucht es ein gewähltes Parlament.
„Wir spenden nicht an die ÖVP“
Politische Entscheidungen in eine bestimmte Richtung aber will Heinz Schaller nicht beeinflussen, nach eigenen Angaben: „Wir spenden nicht an die ÖVP.“ Er blieb auch auf Nachfrage dabei. Und sprach dabei als Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank AG, also die Zeit nach 2012. Die Bilanzsumme der RLB OÖ AG belief sich auf 20 Milliarden Euro.
Die Bilanzsumme aller 80 Raiffeisenbanken in Oberösterreich liegt allerdings bei 56 Milliarden Euro. Die sind aber selbständige Institute, über deren Spenden Schaller nicht verfügen kann…
Fusion mit der Salzburger Hypo: Verschoben, aber fix
Und die Fusion mit der Salzburger Hypo, die der RLB OÖ gehört, ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Die Bilanzsumme ist auf 3,2 Milliarden Euro gefallen. Die bis Jahresmitte angekündigte Entscheidung der RLB Oberösterreich wird auf nächstes Jahr verschoben. Damit kann dies frühestens 2021 umgesetzt werden. An der grundsätzlichen Entscheidung dürfte das aber nichts verändern, auch wenn dazu keine offizielle Äußerung der Linzer zu bekommen ist. Aber die fehlende Größe der Salzburger Hypo wird wohl den Ausschlag geben. Für die RLB Oberösterreich ist es mittelfristig kostenmäßig nicht darstellbar, eine Bank zu betreiben, die weniger als 10 Prozent ihres eigenen Volumens umsetzt – und ihr noch dazu gehört.
Es werden aber die Bankstellen und die Logos der Salzburger Hypo erhalten bleiben. Für Kunden und Mitarbeiter wird sich sichtbar nichts ändern, wenn die Hypo Salzburg in der RLB Oberösterreich schlussendlich aufgehen wird.
(Der Artikel wurde am 9. Juli um 11.11 Uhr aktualisiert.)