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Erstellt am 28.03.2019

Der mächtige Beirat der Staatsholding ÖBAG

 

von Reinhard Göweil

Die einen nennen es „aktives Beteiligungsmanagement“, die anderen orten einen überbordenden Staatseinfluss und ziehen sich zurück. Die neue Staatsholding ÖBAG, die nun an den Start geht, sorgt in der heimischen Industrie für einiges Aufsehen. Immerhin ziehen sich mit Ex-OMV-Chef Gerhard Roiss im Verbund und Ex-Siemens-Chef Peter Löscher bei der OMV gleich zwei industrielle Schwergewichte aus dem jeweiligen Aufsichtsratsvorsitz zurück. Zuviel Staat, zu wenig privat – so heißt es.

Tatsächlich übernimmt die staatliche Beteiligungsgesellschaft ausgerechnet in einer konservativ geführten Regierung neue Aufgaben und definiert Industriepolitik durchaus offensiv.

Zu den Anteilen an OMV, Post, A1-Telekom Austria, Casinos Austria gesellen sich in der neuen ÖBAG die Bundesimmobiliengesellschaft BIG und der Stromerzeuger Verbundgesellschaft. Und das ist längst nicht alles, wie im neuen ÖBAG-Gesetz zu lesen ist. Anteils-Verkäufe sind ausdrücklich verboten und dürfen nur mit Zustimmung der Bundesregierung vollzogen werden. Dafür darf die neue ÖBAG, die vormals ÖIAG und zuletzt ÖBIB hieß, mit anderen Eigentümern der Gesellschaften Syndikatsverträge abschließen und damit auch Mehrheiten erlangen.

Die Stoßrichtung ist also klar: Der Staat soll Firmen-Beteiligungen aufbauen und nicht abstoßen. Um politische Entscheidungen in diese Richtung, die in der Vergangenheit eher zu Misserfolgen führten, abmildern, hat das neue Gesetz recht trickreiche Hürden eingebaut.

Die größte Hürde ist wohl der neue Beirat, der zwischen Aufsichtsrat und Bundesregierung eingebaut wird, und der einflussreicher sein wird als in der öffentlichen Wahrnehmung dargestellt wird.

In den Medien-Berichten ist viel vom Vorstand und dem Aufsichtsrat die Rede gewesen. Allein-Vorstand der ÖBAG wird also der bisherige Generalsekretär des Finanzministeriums, Thomas Schmid.

Aufsichtsratsvorsitzender wird der kaufmännische Leiter der Barmherzigen Brüder in Wien, Helmut Kern. Im Gegensatz zu Schmid war Kern eine echte Überraschung. Dem Gremium der Staatsholding gehören neben Kern der frühere Hofer-Boss Günther Helm an, der mittlerweile Geschäftsführer der Drogeriekette Müller ist, sowie Ex-Raiffeisen-Bankerin Susanne Höllinger und die Tiroler Unternehmerin Iris Ortner (Porr). Die FPÖ nominierte zwei Unternehmer: Wärmepumpen-Hersteller Karl Ochsner (Vize-Vorsitzender), der auch Trauzeuge von Karl Heinz Strache war sowie Christian Ebner (Immobilien, Hotelier).

 

Um den Beirat ranken sich dagegen nach wie vor Gerüchte, denn der muss offiziell von Vorstand und Aufsichtsrats-Präsidium der ÖBAG bestellt werden. Die Suche ist aber auf politischer Ebene längst im Gang. Eine Rolle in diesem Beirat könnte etwa der Banker Michael Mendel spielen, der aktuell die Abbaubanken Heta (Hypo Alpe Adria) und Immigon (Volksbanken AG) betreut. Ebenfalls im Gespräch (über die FPÖ-Schiene) im Beirat soll Arnold Schiefer sein, nun Finanzvorstand der ÖBB. Genannt für den Beirat wird auch Siemens Österreich-Chef Wolfgang Hesoun. Als mögliche Teilnehmer werden im Ausland tätige österreichische Manager genannt, etwa Meinhard Spenger, ein erfolgreich in Spanien tätiger Telekom-Manager.

Auch Rene Benko von der Signa-Immobiliengruppe soll sich für diesen Beirat interessieren. Dagegen spricht, dass Benko damit frühzeitige Detail-Informationen des Immobilien-Mitbewerbers BIG erhalten würde. Und schließlich ist auch Siegfried Wolf noch im Gespräch dafür. Der ehemalige Magna-Chef ist heute Spitzenmanager im Imperium des Oligarchen Oleg Deripaska, Aufsichtsratschef der in Wien ansässigen russischen Sberbank Europe AG und genießt Zugang zu Wladimir Putin.

 

 

Denn dieser Beirat, der aktienrechtlich eigentlich keine Rolle spielt, bekommt via ÖBAG-Gesetz eine wesentliche Filter-Rolle zugesprochen. In den Erläuterungen zum ÖBAG-Gesetz liest sich das so:

„Bei der ÖBAG ist ein Beteiligungskomitee als Beirat einzurichten. Die Mitglieder des Beteiligungskomitees werden vom Vorstand der ÖBAG mit Zustimmung des Präsidiums des Aufsichtsrates der ÖBAG bestellt. Sämtliche Maßnahmen (Anteilserwerbe, Kredite, Garantien, sonstige Finanzierungen) bedürfen der vorherigen Zustimmung des Beteiligungskomitees.“

 

Um diesen Beirat gibt es noch ein Getauche, er soll Anfang Mai endgültig stehen und aus mindestens fünf, maximal neun Personen bestehen. Dem Vernehmen nach werden es sechs, maximal sieben Mitglieder. Und er soll sehr breit aufgestellt sein, es geht dabei um Expertise bei großen Management-Entscheidungen. Möglich ist daher, dass auch aus dem Bereich der großen Wirtschaftsberater und Banken Teilnehmer nominiert werden. Und – das wäre eine grundvernünftige Überlegung – die sollte so zusammengesetzt sein, dass auf absehbare Zeit eine geringe Fluktuation sichergestellt wird. Denn dieses Gremium soll die ÖBAG und ihre Beteiligungen in Wahrheit strategisch ausrichten. „Der Aufsichtsrat ist ein politisch zusammengestelltes Gremium, und das muss auch so sein, denn der Staat ist Eigentümer. Daneben braucht es aber eine wirtschaftliche Expertise, die nicht in politischen Kategorien denkt“, sagte ein Involvierter (das Wort ist generisch zu nehmen) zu den „finanznachrichten“.

 

Denn dieser Beirat hat eher die Aufgabe, künftige Anteilszukäufe des Staates zu bewerten. Der Privatisierungsauftrag im Gesetz wurde gestrichen: Der Verkauf von Anteilen muss jederzeit der Bundesregierung zur Genehmigung vorgelegt werden. Bei Zukäufen müssen dagegen rechtlich relevante Hürden von 25, 50 oder 75 Prozent übersprungen werden. Bei Syndikatsverträgen mit anderen Eigentümern, die eine Mehrheit ergeben, ist die ÖBAG aber autonom.

Daraus ergeben sich für die Zukunft Möglichkeiten im Infrastruktur-Bereich, aber das ist wohl Zukunftsmusik über diese Legislaturperiode hinaus.

 

Was bedeutet es aber für die bestehenden Beteiligungen? Mehr dazu im folgenden Artikel…

Bild: Susanne Armberger