Der Bärendienst des Herrn Tojner
Die geplanten, weitreichenden Änderungen im Stiftungsrecht sind abgeblasen, das ist aus Regierungskreisen zu hören. Es wäre dabei vor allem um eine Beschneidung der recht umfassenden Rechte des Stiftungsvorstandes gegangen, sowie um eine Stärkung des Stifters beziehungsweise des Letztbegünstigten einer Stiftung. Das wird nun wohl nicht kommen.
Auslöser für die regierungspolitische Zurückhaltung ist dem Vernehmen nach ausgerechnet einer, der darauf gesetzt hat: Der Investor Michael Tojner. Der umtriebige Unternehmer wollte eine Stiftung indirekt übernehmen, die B&C-Stiftung.
Die kontrolliert heimische Industrie-Flaggschiffe wie Lenzing, AMAG (Aluminium) und Semperit (Gummi-Produkte, nicht die Reifen!), die auch an der Wiener Börse notieren. Sie entstand im Jahr 2000 aus der Bank Austria heraus, um den Verkauf der Unternehmen durch den damaligen Käufer Bayerische HypoVereinsbank zu verhindern, denn die Bank hielt diese Beteiligung direkt. Ebenfalls im Portfolio der Stiftung: Ein zehnprozentiger Anteil am Gesundheitskonzern VAMED.
Nun ist Tojner, der für österreichische Verhältnisse auch recht unkonventionelle Methoden bei Firmenübernahmen anwendet, aus eben diesem Grund nicht unumstritten. Und die B&C-Stiftung hat als Stiftungszweck „Förderung des Unternehmertums“, also Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Diese Mischung soll nun Tojners‘ Idee politisch den Garaus gemacht haben. Denn Tojner setzte in seinem Bemühen um die B&C auf eben eine solche Gesetzesänderung des Stiftungsrechts, um sich selbst – mit Hilfe des Stifters HypoVereinsbank – in den Stiftungsvorstand zu hieven. Damit hätte er unschlagbar günstig die Kontrolle über drei bedeutende Industrie-Unternehmen erhalten. Die Rede ist von einem Kapitaleinsatz in Höhe von 100 Millionen Euro. AMAG, Lenzing und Semperit werden gemeinsam an der Börse mit derzeit 3,6 Milliarden Euro bewertet.
Unter „Förderung des Unternehmertums“ lässt sich das kaum zusammenfassen, so die Einschätzung von Wirtschaftspolitikern.
Und dann ist Tojner als Person nicht unumstritten. So ist sein Hochhaus-Projekt am Wiener Heumarkt alles andere als unumstritten. Die Höhe des Turms gefährdet den Weltkulturerbe-Status von Wien, hat politisch die Wiener Grünen arg beschädigt und ist in Wien überhaupt stark diskutiert. Ob und wie es dort weitergeht, ist derzeit noch offen. Seine überfallsartige und ebenfalls recht verwinkelte Übernahme der Wohnbauvereinigung GFW, die der Gewerkschaft öffentlicher Dienst gehörte, ließen im sozialen Wohnbau die Alarmglocken schrillen. Der Verkauf von geförderten Wohnbauten an private Investoren wird vor allem in der ÖVP heftig abgelehnt.
Jedenfalls – so ist zu hören – will sich die Regierung nicht dem Vorwurf aussetzen, einem Investor wie Tojner gefällig zu sein. Denn zu seiner Gruppe gehört auch KTM-Chef Stefan Pierer, der mit einer Großspende an die türkise ÖVP mehr Aufmerksamkeit erhielt als ihm wohl lieb gewesen ist. Und derzeit will man dort jeden Anschein verwischen, Spender-Wünsche politisch zu erfüllen.
Damit ist die Übernahme der B&C-Stiftung für längere Zeit wohl vom Tisch. Der bestehende Stiftungsvorstand der B&C rund um den früheren Bank Austria-Generaldirektor Erich Hampel und Wirtschaftstreuhänder Hofer wird das mit Genugtuung hören.
„Tojner hat der Sache aber insgesamt einen Bärendienst erwiesen, denn eine Änderung des Stiftungsrechts in diesem Sinn hätte durchaus Sinn gemacht“, ist aus Finanzkreisen zu hören.
„Derzeit gibt es in Österreich 3105 Stiftungen.“
Warum es sinnvoll sei? Nun, das Privatstiftungsrecht gibt es seit 1993, die Zahl der Stiftungen liegt aktuell bei 3105.
Einer der Gründe für das damalige Stiftungsrecht lautete, dass darin Unternehmen eingebracht werden können, die sonst durch Erbschwierigkeiten in Probleme geraten würden. Beispiel: Ein Familienbetrieb wird nicht auf die Kinder aufgeteilt, was dessen Verkauf erfordert, sondern der Betrieb geht in eine Stiftung, und deren Begünstigte sind jene Erben. Ein Stiftungsvorstand sorgt dafür, dass sowohl Stiftungserklärung als auch Stiftungszweck befolgt werden. Und damit die Steuer nicht alle Bemühungen zunichte macht, liegt der Eingangssteuersatz des Stiftungsvermögens bei wohlfeilen 2,5 Prozent.
Grundsätzlich eine bestechende Idee, damals waren sogar die Gewerkschaften dafür, weil dadurch Arbeitsplätze gesichert wurden, die einer Erb-Verteilung zum Opfer gefallen wären.
Seit Gesetzeskraft 1993 hat sich das Stiftungs-Konzept aber verselbständigt, denn der Stiftungsvorstand erneuert sich aus sich selbst, immerhin gehört die Stiftung ja nur sich selbst. Das führt in manchen Stiftungen dazu, dass Stiftungsvorstände agieren wie Eigentümer und der eigentliche Stifter und dessen Begünstigte zu Bittstellern verkommen.
Ein größerer Einfluss auf den Stiftungsvorstand wäre also – grundsätzlich gesprochen – begrüßenswert, und die aktuelle Regierung wäre ebenso grundsätzlich bereit, hier eine Änderung vorzunehmen.
Dann kam Tojner.
Nun soll es zwar eine Gesetzesänderung im Stiftungsrecht geben, die aber viel weniger weitgehend sein dürfte, wie den „finanznachrichten“ bedeutet wird.
„Ich mache bei unfreundlichen Übernahmen grundsätzlich nicht mit“
Im Falle der B&C hätte damit auch die Bank Austria-Mutter Unicredit das Nachsehen. Denn die Mailänder Bank machte gemeinsame Sache mit Tojner, weil sie der Letztbegünstigte der Stiftung ist.
Der Stiftungsvorstand um Erich Hampel und Wirtschaftstreuhänder Hofer scherte sich darum wenig.
Zudem hat die Bank Austria der B&C-Stiftung einen Kredit in Höhe von 1,2 Milliarden Euro gewährt, mit dem der sogenannte Fruchtgenuss am Ertrag der Industrie-Unternehmen an Unicredit bezahlt wurde. Der Streit führte auch dazu, dass Erich Hampel als Aufsichtsratsvorsitzender der Bank Austria zurücktrat.
Und es soll einen Vorstandsbeschluss der Unicredit in Mailand geben, die das damalige Vorgehen rund um die B&C gutheißt und bestätigt.
Damit würde der Ball sowieso tief im Feld von Tojner liegen, weil dann dessen Partner Unicredit quasi gegen sich selbst vorgehen würde. Vor Gericht ein ziemlicher Klotz am Bein, denn ein aufrechter Beschluss der Muttergesellschaft, die Stiftungslösung nicht nur zu akzeptieren, sondern auch die Frage des Begünstigten zugestimmt zu haben, wiegt schwer. Denn solche Beschlüsse sind laut geltendem Stiftungsrecht in Österreich verbindlich. Um das zu ändern, wäre auch eine Änderung des Stiftungsrechts notwendig.
Nicht die besten Voraussetzungen also für Tojners‘ Gruppe, zu der laut „trend“ auch die Industriellen Wolfgang Leitner (Andritz), Stefan Pierer (KTM), Martin Ohneberg (Henn) gehören. Auch Industrie-Präsident Georg Kapsch wurde gefragt. Kapsch: „Ich mache bei unfreundlichen Übernahmen grundsätzlich nicht mit.“
Die Objekte der Begierde zählen jedenfalls zu den industriellen Perlen. Die drei Unternehmen in der B&C schütten jährlich Dividenden in Höhe von etwa 120 Millionen Euro aus, knapp die Hälfte davon fließt in die B&C-Stiftung. Wer die Kontrolle über die Stiftung hat, kontrolliert auch die Hauptversammlungen der drei Unternehmen Semperit, Lenzing und AMAG.
„In Oberösterreich schaute man skeptisch auf Tojner“
Auch in Oberösterreich wird das Treiben skeptisch betrachtet. Lenzing und AMAG zählen zu den wichtigsten Industrie-Arbeitgebern des Bundeslandes. Immerhin sind an der AMAG mit der Raiffeisen Landesbank und der Oberbank die beiden Finanz-Platzhirschen an der AMAG beteiligt. Und über eine – der voestalpine nachempfundenen – Mitarbeiterstiftung ist auch die Arbeitnehmerseite mit an Bord der Aktionäre. Die B&C hält dort eine knappe Mehrheit. Wie Lenzing und Semperit ist auch die AMAG an der Wiener Börse gelistet.
Den Aktien haben die öffentlichen Turbulenzen nicht gut getan. Alle drei Titel sind in den vergangenen Wochen deutlich nach unten gegangen, auch das wird in Oberösterreich nicht besonders geschätzt. Manche Marktbeobachter führen das zwar auf den allgemeinen Abwärtstrend zurück, das Minus der drei Titel fiel allerdings recht harsch aus.
Verdient haben an der Auseinandersetzung, so wie es derzeit aussieht, vor allem Wirtschaftsanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Beratungsunternehmen.