Commerzbank statt Oberbank
von Reinhard Göweil
Die Bank Austria ist seit Jahr und Tag minderheitlich an der der „Drei-Banken-Gruppe“ beteiligt. Die besteht aus den Regionalbanken Oberbank, BTV (Bank für Tirol und Vorarlberg), BKS (Bank für Tirol und Vorarlberg). Nun hat die Bank Austria die beiden jüngsten Kapitalerhöhungen dieser drei Banken als ungehörig eingestuft, eine Sonderprüfung der BKS-Hauptversammlung verlangt. Als feindlicher Übernahmeversuch wird dies in Linz, Innsbruck und Klagenfurt bezeichnet, die Aufregung ist groß.
Mittlerweile gehört die Bank Austria der italienischen Großbank Unicredit, eine der größten Banken Europas. Die Italiener sind in Deutschland zudem Eigentümer der Münchner HVB, die in Süddeutschland und Hamburg tätig ist. Und sie zeigen Interesse an der deutschen Commerzbank, nachdem deren Fusion mit der Deutschen Bank scheiterte.
An der Commerzbank ist der deutsche Staat mit 15,6 Prozent beteiligt. Der hat dafür in der Finanzkrise 4,5 Milliarden Euro bezahlt, heute sind die Anteile 1,5 Milliarden wert. Neben Unicredit hat auch der niederländische Bankkonzern ING-Diba Interesse an der Commerzbank angemeldet. Unicredit-Chef Mustier hat informell angeboten, außer des Italien-Geschäfts, Unternehmensteile des Konzerns zur Commerzbank nach Frankfurt zu verlegen. Das würde auch die Bank-Mitarbeiter in Wien treffen, weil die Bank Austria für Unicredit das Osteuropa-Geschäft abwickelt.
Und wie kommt die Oberbank hier ins Spiel?
Nun, das Geld wächst nicht mehr auf Bäumen. 100 Prozent an der Commerzbank kosten wenigstens zehn Milliarden Euro, das ist für die Unicredit keine Kleinigkeit. Es geht also für die Mailänder auch darum, periphere Beteiligungen zu verkaufen, um Kapital für die Commerzbank freizuschaufeln.
Während sich also viele Sorgen machen, dass die Unicredit mit ihren jüngsten Bank Austria-Aktionen die drei Banken übernehmen wollen, ist es wahrscheinlicher, dass die Mailänder mit diesem Schachzug diese Beteiligungen verkaufen wollen. Nach aktuellem Börsekurs sind die Bank Austria-Beteiligungen der drei Banken 1,4 Milliarden Euro wert. Mit üblichem Kontrollzuschlag, es geht hier um Anteile über 25 Prozent, reden wir also von schwachen zwei Milliarden Euro.
Unicredit-Chef Mustier ist ein harter Knochen
Der 58jährige Franzose Jean-Pierre Mustier ist 2016 als Chef in die schwächelnde Unicredit geholt worden und hat nicht nur die Belegschaft um zehn Prozent reduziert, sondern auch eine Kapitalerhöhung in Höhe von 13 Milliarden Euro gestemmt. Das erlaubte es der Bank, einen zähen Kreditsumpf mitzuschleppen, der aus in Rom politisch verordneten Bank-Akquisitionen südlich von Mailand entstand, und den Mustier „erbte“. Er fährt mit eisernem Besen durch den Bankkonzern.
Für die im Firmenkundengeschäft gut verankerten Banken Unicredit, HVB, Bank Austria (plus der osteuropäischen Beteiligungen) würde die Commerzbank gut dazu passen. Es würde eine Bank entstehen, die in den stärksten Wirtschaftsregionen Europas hohe Marktanteile vor allem im Firmenkundgeschäft aufweist: Norditalien, Österreich, Süddeutschland, Mitteldeutschland (Ruhrgebiet), sowie in Ländern des Balkans und Osteuropas. Die Commerzbank würde mit ihrer Zentrale in Frankfurt im finanziellen Herz Kontinentaleuropas sitzen.
Was für die Unicredit Charme hat, wäre für Österreich allerdings ein gröberes Problem. Nicht nur, dass möglicherweise international tätige Mitarbeiter von Wien nach Frankfurt abwandern, sondern auch: Was passiert mit den drei Regionalbanken? Wenn sie zum Verkauf stehen, ist es für die bestehenden Eigentümer nicht gerade einfach, die zwei Milliarden Euro zu stemmen.
Die drei, recht erfolgreichen, Regional-Banken sind untereinander kapitalmäßig verflochten. Das ist auch nicht unumstritten, und der Fokus des Unicredit-Angriffs. Die Mehrheit, und damit die Sicherheit vor einer unerwünschten Übernahme sichern Generali und heimische Industrie-Unternehmen, die seit Mitte der 1990er Jahre Kapitalerhöhungen zeichneten.
Hier wird es politisch: An den drei Regionalbanken war die Creditanstalt immer minderheitlich beteiligt, das störte niemand, obwohl die mehrheitlich in Staatsbesitz war. Als die „rote“ Wiener Bank Austria, die aus der Zentralsparkasse und der Länderbank entstand, in den 1990er Jahren die CA kaufte, war Feuer am Dach der bürgerlichen Regionalbanken.
Der damalige Oberbank-Chef Hermann Bell zimmerte ein „Österreich-Konsortium“, das sich in den drei Banken so listig verschränkte, dass es für die Bank Austria unmöglich war, sie zu übernehmen.
Nun scheint die Unicredit einen neuen Anlauf zu nehmen, allerdings im umgekehrten Sinn. „Unicredit bringt dieses Konsortium aus den Banken, der Generali-Versicherung und heimischen Industriellen in Zugzwang. Wenn sie ihr Konstrukt aufrechterhalten wollen, müssen sie viel Geld in die Hand nehmen“, sagte ein Banker, der ungenannt bleiben möchte.
voestalpine, AMAG, Gasteiner Bergbahnen AG…
Auch hier gibt es ein wirtschaftspolitische Komponente: Denn die Oberbank hält acht Prozent an der voestalpine und noch eine kleinen Anteil an der AMAG (Aluminium). Ein Verkauf der Bank würde auch diese Unternehmen treffen, und deren Aktionärsstruktur verändern. Die Oberbank ist zudem auch mit 48 Prozent größter Einzelaktionär der Gasteiner Bergbahnen AG, die pompös investiert haben, und die Gondelbahn in Hofgastein erst heuer neu eröffneten. Auch die würden bei einem Verkauf der Bank wohl zur Disposition stehen. Das will in Österreich eigentlich niemand. Als erster hat dies der Unternehmer Hannes Androsch erkannt, er war schließlich einmal Finanzminister und CA-Generaldirektor. Androsch schimpfte, dass die Bank Kapital aus Österreich absaugen wolle.
Worum geht es in dem Streit zwischen Unicredit und Oberbank?
Die Oberbank hält 13,2 Prozent an der BTV und 18,5 Prozent an der BKS. Die beiden Letztgenannten sind auch an der Oberbank beteiligt. Nun soll eine aufsichtsrätliche Sonderprüfung bei der BKS klären, ob hier nicht Kapital doppelt gezählt wird. Laut Geschäftsberichten wird dieses Kapital jeweils abgezogen, es existiert auch eine Genehmigung der Finanzmarktaufsicht dafür.
Unicredit will es trotzdem prüfen lassen, das ihr Recht als Aktionär.
Die Oberbank hat – gemäß Börsekurs der Stammaktien – einen Marktwert von 3100 Millionen. Die BTV einen von 813 Millionen, die BKS von 700 Millionen Euro. Die Unicredit-Tochter Bank Austria ist mit 26 Prozent an der Oberbank, 30 Prozent an der BKS und 47 Prozent an der BTV beteiligt. Diese Anteile repräsentieren an der Börse aktuell einen Wert von 1,4 Milliarden Euro.