BIG Business bei staatlichen Immobilien
Wien. Die Neuordnung der Staatsholding unter dem Namen ÖBAG wirft ihre Schatten voraus. So werden ja nicht nur die Beteiligungen an OMV, Telekom Austria, Post und Casinos Austria dort verwaltet, sondern neu auch die Bundesimmobiliengesellschaft BIG. Das Unternehmen verwaltet öffentliche Gebäude wie Ministerien, Universitäten, Schulen, Bezirksämter und Gefängnisse. Mehr als 2200 Gebäude mit 7,2 Millionen Quadratmeter werden dafür instand gehalten. Wert: 12 Milliarden Euro.
Im ersten Halbjahr 2018 allerdings rasselte das operative Ergebnis der BIG im Jahresvergleich von plus 450 Millionen Euro auf minus 44 Millionen Euro. Denn die öffentliche Hand machte als Eigentümer für sich einmal Ernst mit dem Slogan „leistbares Wohnen“. Die Mieten wurden per Gesetz herabgesetzt, was bei der BIG zu einer deutlichen Wertminderung der Gebäude führte. 450 Millionen Euro mussten abgeschrieben werden. Dafür wurden zwar die Mietverträge verlängert, das ändert aber nichts an den geringeren Einnahmen. „Der Gesetzgeber hat einfach die Mieten für die öffentlichen Gebäude reduziert, das kann jederzeit wieder passieren. Daher mussten die Wertansätze stärker angepasst werden“, sagte ein Kenner der Materie.
Die BIG entwickelt und betreibt über deren Tochtergesellschaft ARE (Austria Real Estate) aber auch Wohnimmobilien.
Nun wurden bei der BIG bereits Pläne gewälzt, auch private Kapitalgeber für die Staatsfirma zu öffnen. Das heiße Eisen wird nun der neu entstehenden ÖBAG übergeben, die sich 2019 Gedanken über der Strategie der BIG machen soll, und das betrifft eben diese Tochtergesellschaft ARE. Sowohl ein Börsegang als auch ein Verkauf an strategische Partner könnten geprüft werden, wird den “finanznachrichten“ informell bestätigt.
Die ARE entwickelt, ausgestattet mit der Bonität der Republik Österreich, auch private Wohn- und Bürogebäude. Der Verkehrswert ihrer 554 Liegenschaften wird aktuell mit 2,5 Milliarden Euro angegeben. Das wäre in etwa auch der Kaufpreis, ist aus Immobilienkreisen zu hören. Das „Triiiple“-Projekt in Wien-Erdberg, bei der Überplattung der A4, zählt zu diesen Projekten.
„Wenn die ARE eine Gesellschaft des Bundes bleibt, aber Wohnimmobilien mit privaten Investoren wie Benko abwickelt und danach an dessen Investoren verkauft, ist dies nichts anderes als eine Privatisierung durch die Hintertür.“
Inoffiziell ist zu hören, dass der Bund grundsätzlich eher an einen strategischen Investor bei der ARE denkt, und ein aussichtsreicher Kandidat heißt Rene Benko. Dessen Signa Holding ist derzeit in aller Munde, weil sie nun auch ins Mediengeschäft eingestiegen ist, und sich an „Kronen Zeitung“ und „Kurier“ beteiligt hat. Der 41jährige Benko hat der deutschen Funke-Gruppe, dem größten Regionalmedien-Konzerns Deutschlands, knapp die Hälfte ihres Anteils an den österreichischen Zeitungen abgekauft.
„Wir führen derzeit keine Gespräche zu diesem Thema“, ist offiziell von der Signa Holding AG zu hören, die mehrheitlich Benkos‘ Privatstiftung gehört. Der Satz bezieht sich auf einen möglichen Kauf der ARE.
Allerdings intensiviert die Signa die Kooperation mit der ARE. „Es steht einiges an gemeinsamen Optionen mit Signa im Raum“, ist aus BIG-Kreisen zu hören. So wird in Wien bereits das „Forum Donaustadt“ gemeinsam entwickelt, in Erdberg (dritter Gemeindebezirk) gibt es eine Gemeinsamkeit und mehrere künftige Projekte seien in der Pipeline, wie es so schön heißt.
Damit kauft sich Benko „schleichend“ in die ARE ein, und zwar über gemeinsame Immobilien-Projekte. Dass die ARE für Wohnimmobilien-Projekte ein interessanter Partner ist und bleibt, wird bei Signa auch nicht bestritten.
Benko, der seine guten Kontakte zu Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht verhehlt, erhält über das staatliche Vehikel BIG Zugang zu Immobilien-Geschäften, die ihm sonst verschlossen wären. Die ARE ist nicht nur in Wien tätig, sondern auch in den Bundesländern – etwa den Reininghaus-Gründen in Graz. Das ist das aktuell wichtigste Stadtentwicklungsprojekt der steirischen Landeshauptstadt.
Bei dieser „Privatisierung durch die Hintertür“ bleibt die ARE offiziell im Eigentum der Republik, deren Immobilienprojekte werden aber so gestaltet, dass de-facto eine Verwässerung durch privates Kapital eintritt. Denn eine offizielle Privatisierung würde natürlich einen EU-weiten Tender auslösen: Alle namhaften Investoren würden sich daran beteiligen, der Kaufpreis folglich steigen. Da die ARE aber in derzeit 554 Projekte zerfällt, sind Kooperationen im Hintergrund nicht dieser Gesetzmäßigkeit unterworfen. So wäre es eben denkbar, dass die ARE offiziell Wohnimmobilien entwickelt, an denen sie tatsächlich eine Minderheit hält.
Den folgenden strategischen Prozess soll erst die neue Staatsholding ÖBAG starten. Allerdings wird der in der ÖBAG als Alleinvorstand genannte Thomas Schmid, derzeit Generalsekretär des Finanzministeriums, bei den Immobilien nicht das Sagen haben. Die ehemalige ÖVP-Politikerin Christine Marek soll dem Vernehmen nach Aufsichtsratsvorsitzende in der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) bleiben.
Für die Signa Holding wäre die staatliche Immobilienfirma auch keine Unbekannte. Der operative Chef der Signa Holding, Christoph Stadlhuber, war acht Jahre lang Chef der BIG, bevor er 2011 zu Benko wechselte.
ARE ist derzeit 2,5 Milliarden Euro wert
Denkbar ist auch, dass es davor innerhalb der BIG-Gruppe zum Umschichtungen kommt. Denn die ARE entwickelt auch Bezirksgerichte. Möglich, dass manche Gebäude an die BIG abgegeben werden.
Zudem ist die ARE für die BIG auch als Hausverwalter tätig, eine zusätzliche Einnahmequelle. Gegründet wurde diese ARE, die – im Vergleich zu ihrer Größe – ziemlich unbekannt ist, Ende 2012.
Damals hat die BIG „sämtliche marktfähigen Büro-, Wohn- und Entwicklungs-Liegenschaften“, wie es im Geschäftsbericht heißt, relativ unbemerkt in ihre Tochter ARE ausgelagert. Der Marktwert der Immobilien lag damals bei 2,3 Milliarden Euro, heute bei 2,5 Milliarden Euro. Ungewöhnlich für eine Immobilienentwicklungsgesellschaft: Die Bankverbindlichkeiten liegen bei Null. Denn die staatliche BIG finanziert das „Markt-Vehikel“, ausgestattet mit der guten Bonität der Republik.
Nicht nur Benko, auch andere Immobilien-Investoren in Österreich, haben daher ein Auge auf das staatliche Unternehmen geworfen. Wenn die ARE nicht als Unternehmen verkauft wird, sondern Zug um Zug Immobilien aus dem Portfolio, die gemeinsam mit privaten Bauträgern entwickelt worden waren, dann ist das wohl nichts anderes als eine Privatisierung durch die Hintertür.
Und spätestens dann wird die neue ÖBAG wohl in eine politische Auseinandersetzung gezogen werden, denn es ist kaum anzunehmen, dass die Opposition im Parlament dem kritiklos zuschaut. Die Staatsholding ÖBAG ressortiert ins Finanzministerium.