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Erstellt am 29.06.2019

Alle reden von Spenden, aber was ist mit den Schulden der Parteien?

von Reinhard Göweil

Auf der Homepage des Rechnungshofes werden die Rechenschaftsberichte der österreichischen Parteien veröffentlicht. Bisher liegen für die Bundesparteien die Rechenschaftsberichte bis zum Jahr 2016 vor. Nun gibt es eine öffentliche Diskussion vor allem über deren Großspender. Es gibt aber überhaupt keine Diskussion über die Schulden.

Die FN haben sich daher die Kreditaufnahme der zum Nationalrat antretenden Bundesparteien (also nicht Landes- und Bezirksparteien) angesehen, und zwar im Vergleich der Abschlüsse 2015 und 2016. Eines ist jetzt schon klar: Von Transparenz ist bei diesen Rechenschaftsberichten nicht die Rede, teilweise gibt es erhebliche Differenzen zwischen öffentlichen Aussagen und der vorgelegten „Bilanz“.

Ein Unternehmer, der derartige Jahresabschlüsse beim Finanzamt abliefert, könnte wohl in kürzester Zeit mit einer Betriebsprüfung rechnen. Was vollständig fehlt, ist eine – bei den Rechnungslegungsvorschriften für Unternehmen übliche – konsolidierte Bilanz. Ausgelagerte Unternehmen und Vereine werden nicht eingearbeitet, auch nicht Landes- und Bezirks-Organisationen. Zum Vergleich: Eine Bank, die in ihrer Bilanz ihre ausgelagerten Bausparkassen, Auslandstöchter, Leasing-Gesellschaften nicht berücksichtigt, würde wohl bald die Lizenz verlieren…  

Die SPÖ

Beginnen wir mit der SPÖ, die in diesen Jahren noch stärkste Partei gewesen ist. Sie hatte 2015 einen Gesamthaushalt, der Einfachheit halber Umsatz genannt, von 13,56 Millionen Euro. Der stieg 2016 auf 14,76 Millionen Euro. An Kreditaufnahme 2015 weist diese Bundespartei 190.000 Euro aus, 2016 waren es 334.000 Euro. Interessant dabei ist die Aussage des damaligen Parteivorsitzenden Christian Kern, der die Schulden der Partei mit 20 Millionen Euro bezifferte, die durch den Verkauf des Areals in Wien-Altmannsdorf (Hotel und Parteiakademie) 2018 erheblich reduziert worden sind. Trotz der gestiegenen Kreditaufnahme sanken bei der SPÖ die Kredit-Kosten binnen Jahresfrist von 2,7 auf 2,2 Millionen Euro.

Die ÖVP

Die Bundes-ÖVP legte von 2015 auf 2016 einen Umsatzsprung hin, der sich sehen lassen kann. Von 7,89 Millionen Euro auf 12,2 Millionen Euro kletterte der Haushalt. Die Personalaufwendungen steigen dagegen bescheiden von 2,9 auf 3,1 Millionen. Dafür weist die Volkspartei 2015 neue Bankkredite von Null aus. 2016 wurden laut Bericht 3,5 Millionen Euro aufgenommen. 2015 lagen die Kosten für Kredite bei 1,8 Millionen Euro, sie sanken aber 2016 auf 543.000 Euro.

Die FPÖ

Die FPÖ hielt den Bundes-„Umsatz“ in beiden Jahren mit 6,78 Millionen Euro praktisch gleich. Allerdings stiegen deren Partei-Ausgaben 2015 auf 2016 – wegen des Präsidentschaftswahlkampfes – von 3,1 Millionen auf erstaunliche 9,8 Millionen Euro. In beiden Jahren haben die Freiheitlichen aber keine neuen Bankkredite aufgenommen. Die Kreditrückzahlungen blieben mit 1,2 Millionen Euro fast unverändert.

Neos und Grüne

Die Grünen, die 2017 den Wiedereinzug in den Nationalrat verfehlten, konnten von 2015 auf 2016 den „Umsatz“ von 5,76 auf 6,18 Millionen Euro steigern, wiesen 2015 noch Kreditaufnahmen von Null aus. 2016 waren es dann 1,42 Millionen Euro. 2015 zahlten die Grünen 610.000 Euro an Kreditkosten zurück, 2016 waren es nur noch 45.000 Euro.

Neos verpassten sich von 2015 auf 2016 eine brutale Schrumpfkur. Der „Umsatz“ sank von 3,68 Millionen auf 2,2 Millionen Euro. Die Kreditaufnahme, die 2015 noch 1,42 Millionen Euro ausmachten, sank auf 30.000 Euro. Die Kreditkosten sanken von 1,1 Millionen auf 387.000 Euro. Deren Personalaufwand sank von 787.000 Euro auf 484.000 Euro.

Rechenschaftsberichte der großen Parteien haben mit normaler Buchführung nichts zu tun

Soweit die Zahlen der jeweiligen Bundes-Parteien. Nicht enthalten darin sind die Aktivitäten wesentlicher Landesparteien: Beispielhaft von der ÖVP etwa Niederösterreich, deren „Umsatz“ fast doppelt so hoch ist wie die der Bundespartei; von der SPÖ Wien, die ebenfalls mehr als 14 Millionen Euro umsetzt; von der FPÖ Oberösterreich, deren Gesamt-Gebarung ebenfalls die Bundespartei leicht übersteigt.

Doch alleine die Bundes-Zahlen sind nichtssagend, obwohl eine Gegenüberstellung von Vermögen und Verbindlichkeiten für die Einschätzung des Zahlenwerks wesentlich wäre.

Denn für die Finanz-Institute gilt ein mittlerweile europäisches Regulativ. Politische Parteien müssen – wie jeder andere Kreditnehmer auch – Sicherheiten bieten. Eine 100prozentige Kreditfinanzierung von Parteien, in der Hoffnung bei der kommenden Wahl so stark zu werden, um mit der staatlichen Parteienförderung die Kredite tilgen können, gibt es nicht mehr. Die Banken wollen Sicherheiten, die sich bei etwa einem Drittel der Kreditsumme bewegen müssten.

Bankkredite gibt es nur noch gegen Sicherheiten, also Vermögenswerten

Wenn also die ÖVP 2016 Kredite in Höhe von 3,5 Millionen Euro aufnahm, braucht sie dafür ein Vermögen von mehr als einer Million.

Der teure Wahlkampf 2017 und der (sehr lange) Bundespräsidentschafts-Wahlkampf haben viel Geld verschlungen, die Zahlen sind ja mittlerweile bekannt.

Hier kommen die seit dem Ibiza-Video umstrittenen Vereine ins Spiel. Es wäre möglich, dass die in Vereinen geparkten Spenden als Sicherheiten für Bankkredite dienen. Solange die Parteien den Kredit bedienen, wird nicht auf das Vermögen zugegriffen, die Spenden bleiben also offiziell im Verein unangetastet.

Das funktioniert, solange es keine konsolidierte bzw. überhaupt aussagekräftigte Bilanz der Parteien gibt. Während etwa private Vereine, die GesmbH.s‘ betreiben, ein beliebtes Ziel der Finanzprüfer sind, um Umgehungskonstruktionen auf die Spur zu kommen, geht es bei manchen politischen Parteien deutlich salopper zu.

„Unbare Geschäfte“

Ein weiteres Beispiel, von Insidern den FN erklärt: Öffentliche bzw. parteinahe Unternehmen buchen Monate vor einer Wahl für eine Werbe-Aktion Plakatwände. Sie verbrauchen aber nicht alle gebuchten Flächen, sondern stellen freibleibende der ihr jeweils zugeneigten Partei zur Verfügung. Das ermöglicht Parteien Sichtbarkeit, ohne dafür eine Cent ausgeben zu müssen.

Wie hoch diese „Graumarkt“ einzuschätzen ist, traut sich niemand zu sagen, eines ist aber sicher: Es dient nicht der Transparenz, und es verschleiert die wahren Ausgaben von Parteien.

Ob die drei großen Parteien bereit sind, darauf freiwillig zu verzichten, ist zweifelhaft. Rechnungslegungs-Vorschriften wie sie für ein Unternehmen gelten würden solchen Konstruktionen rasch den Garaus machen.

SPÖ irrte sich bei Spende um 100.000 Euro – und kam nicht drauf

Wie sorglos politische Parteien mit dem Thema Geld umgehen zeigt ein Beispiel der SPÖ. Im Jänner 2019 musste sich deren Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda beim Rechnungshof zerknirscht schriftlich entschuldigen, weil für das Jahr 2015 eine Sach-Spende des Fruchtsaft-Herstellers Rauch in Höhe von 117.560 Euro gemeldet wurde. Abgesehen davon, dass dies eine doch sehr hohe Sachspende wäre, kam dies offenbar niemand in der SPÖ ungewöhnlich vor. Es war das Vorarlberger Unternehmen Rauch selbst, dass auf den Fehler stieß, nachdem der Rechnungshof die Spende veröffentlicht hatte. Sie betrug tatsächlich 17.560 Euro. Drozda schrieb der Rechnungshof-Präsidentin Kraker von einem „folgenschweren Tippfehler.“ Man habe sich bei Rauch in aller Form entschuldigt. Drozda ersuchte den Rechnungshof, die Öffentlichkeit darüber zu informieren.

Dass in den Büchern der SPÖ die Differenz von 100.000 Euro nicht weiter auffiel zeigt, dass langjährige Regierungsparteien einen recht entspannten Umgang mit Geld pflegen dürften.

SPÖ und ÖVP wollen bloß dem jeweils anderen schaden

Neos beklagt daher, dass bei der Neuregelung der Parteienfinanzierung eine „Nullnummer“ drohe. SPÖ, ÖVP und FPÖ würden keine ernsthaften Gespräche dazu führen.

Das liegt auch an der Unterschiedlichkeit  der Parteifinanzen – über die fast 200 Millionen Euro hinaus, die aus öffentlichen Mitteln stammen. Die ÖVP tritt für eine 25prozentige Reduktion der öffentlichen Förderung ein, weil sie deutlich mehr an Spenden lukriert als etwa die SPÖ.

Die SPÖ ist für eine Begrenzung von Großspenden, will dies die ÖVP überproportional trifft.

Übrig bleibt im Moment, dass manche Parteien im Nationalrat für Steuerpflichtige sehr gern strenge Melde- und Buchführungs-Vorschriften beschließen, für sich selbst aber deutlich laxere Bestimmungen reklamieren. Vielleicht ist auch dies ein Grund, warum das Image von Politikern in der Öffentlichkeit so schlecht ist.

 

Die Rechenschaftsberichte der politischen Parteien finden Sie unter:

https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/was-wir-tun/was-wir-tun_5/was-wir-tun_6/Kontrolle_der_Parteien.html