„Die Welt schaut nach Linz“
von Reinhard Göweil
An Selbstvertrauen mangelt es dem Informatiker und Forscher in künstlicher Intelligenz an der Kepler-Universität Linz, Uni.-Prof. Sepp Hochreiter, nicht. „Die Welt schaut hierher. Amazon, Google, arbeiten mit uns. Google wollte ein Forschungszentrum hier einrichten, aber dazu fehlen uns – noch – die Leute.“
„Linz ist die Industrie-Hauptstadt Österreichs“, sagte B&C-Stiftungsvorstand Wolfgang Hofer. Denn in der voestalpine-Stahlwelt mitten im Werk Linz wurde nun der Houska-Preis 2019 vergeben. In den vergangenen Jahren wurde das Preisgeld sukzessive erhöht, heuer auf 500.000 Euro. Damit ist der Houska-Preis der höchstdotierte private Forschungspreis Österreichs. Er wird in den Kategorien universitäre Forschung und innovative Unternehmen vergeben. Und er geriet erneut zur Parade großartiger Innovationen, ermöglichte einen Blick in die industrielle Zukunft Österreichs.
(Die Liste der Preisträger und dazugehörige Beschreibungen finden Sie hier:
https://www.bcholding.at/houskapreis-1/houskapreis-pressebereich/presse-news-houskapreis/b-c-privatstiftung-universit-t-innsbruck-und-blue-danube-robotics-gewinnen-den-houskapreis-2019 )
Es zahlt sich jedenfalls aus, in dieser Liste zu schmökern. Die Projekte sind allesamt angetan, weltmarktführend zu werden. „In der Quantenphysik müssen uns wir in der Universität Innsbruck vor niemanden in der Welt verstecken“, sagte Prof. Wolfgang Lechner selbstbewusst, der mit seinem Team an Quantencomputern forscht – und als Sieger hervorging.
Wie halten wir innovative Unternehmen in Österreich?
Damit äußert sich Lechner ähnlich wie sein Linzer Kollege Hochreiter. Der wird kommendes Jahr an der Johannes-Kepler-Universität ein neues Bachelor/Master-Studium „Künstliche Intelligenz“ starten. 100 Studierende oder mehr seien aufgrund der vielen Anfragen möglich, sagte Hochreiter beim Pressegespräch der B&C-Stiftung. Dabei ging es vor allem um die Frage, wie sich Österreich/Europa gegen Silicon Valley und China in der digitalen Dynamik behaupten kann.
Hochreiter ist der Ansicht, dass sich Österreich im Bereich Digitalisierung/Künstliche Intelligenz auf die Bereiche Maschinen- und Anlagenbau konzentrieren solle. „Hier ist unsere Industrie führend, und auch deren Daten sind wichtig. IT ist verloren, die Maschinen nicht.“ Simples Beispiel: Eine Bohrmaschine, die dem Nutzer sagt, dass er zu stark andrückt oder vergessen hat, die Schlagbohr-Funktion einzuschalten.
Und das Beispiel zeigt schon das Hauptproblem in der weiteren Entwicklung. „Wir wollen doch unsere Ergebnisse auch in heimischen Unternehmen wiedersehen“, sagte Hochreiter. „Zuletzt kamen Google-Leute zu mir und luden mich auf einen Cocktail ein, weil sie mit unseren Forschungsergebnissen eine Milliarde verdient haben.“
Nadelöhr Risikokapital
B&C-Stiftungsvorstand Wolfgang Hofer: „Es gibt keinen Risikokapitalmarkt. Wir sind als Stiftung ein langfristiger Investor und können Unternehmen Rückhalt geben. Wir brauchen aber Co-gesellschafter aus Österreich. Sonst passiert es immer wieder, dass Unternehmen, die schnell wachsen, mit ihren Finanzierungsrunden in ausländische Hände geraten und die gesamte Idee schließlich abwandert.“
B&C hat sich nun – beim Börsegang – mit zehn Prozent an Frequentis beteiligt. Das Wiener Unternehmen stellt Flugsicherungssysteme her, und wäre auch von einem Konzern gekauft worden. Eigentümer Bardach entschied sich für den Börsegang, die B&C unterstützte die Unabhängigkeit des erfolgreichen Hightech-Unternehmens. Andere aber wandern ab.
Das Nadelöhr dabei ist die Schnittstelle zwischen der Forschungsergebnisse und der unternehmerischen Umsetzung. Mit dem Bereich „Innovation Investments“ beteiligt sich die B&C an der Beseitigung dieses Nadelöhrs, das ist aber bei weitem nicht genug. „Wir reden nicht viel, wir tun“, sagte Hofer in Linz. „Aber wir sind zwar in Österreich eine der größeren Stiftungen, aber international sehr klein.“ Der Staat könnte hier durch gezielte Maßnahmen helfen, denn es müssten sich heimische Risikokapitalfonds bilden, die sich aus – dem ausreichend vorhandenen – Geld von Kleininvestoren speisen könnten. Auch die Wiener Börse könnte hier eine größere Rolle spielen. Hofer: „Die Banken sind hier gefordert. Es ist einfach zu teuer, Aktien zu kaufen.“
voestalpine-Chef Eder: „200 oder 300 EU-Milliarden für die Forschung“
voestalpine-Chef Wolfgang Eder forderte bei der Houska-Preisverleihung, dass sich schlicht die Strukturen der Forschungsförderung EU-weit ändern müssten. „Das derzeitige Fördervolumen über die siebenjährige Finanzperiode von derzeit 100 Milliarden müssten sich verdoppeln, besser verdreifachen. Und es sollen jene Unternehmen davon profitieren, die schneller sind. Es aufzuteilen auf deutsche oder französische Befindlichkeiten ist ineffizient.“ Hochreiter assistiert, wenig wissenschaftlich, aber verständlich ausgedrückt: „Die Deutschen haben ihre KI-Strategie einfach verkackt.“ Es brauche eine europäische Digitalisierungs-Strategie und das rasch.
Um innovative Unternehmen in Österreich zu halten sind daher große Beträge notwendig. An Einreichungen und förderwürdigen Ideen mangelt es der B&C-Stiftung nicht, aber gesamtheitlich betrachtet an der unternehmerischen Umsetzung. Eder: „Wir müssen einfach schneller werden.“ Hofer: „Der Houska-Preis ist auch ein Appell an alle, in Österreich zu investieren.“
v